Baumwollspinnerei Speyer

Verfasser: Jan Brunner

Erstellt am: 01.07.2019

1867: Kauf des Grundstücks durch ein Bürgerkonsortium

1889: Bau der Fabrik

1931: Übernahme durch Vereinigte Textilwerke Wagner & Moras AG

1932: Kurzzeitige Schließung der Fabrik

1967: Einstellung der Produktion

[Bild: Stadtarchiv Speyer / Stadtbauamt, 233-1 Reg. Nr. 003591]

Im Herbst 1867 erwarb eine Gruppe von Speyerer Bürgern das Grundstück in der damaligen Iggelheimstraße, um dort eine Baumwollspinnerei zu errichten. Wichtige Initiatoren waren der Tuchhändler Louis Levinger, der Drucker Ludwig Gilardone, der Rechtskonsulent Georg Peter Süss oder der Papierfabrikant Eduard Zimmermann. Da jedoch weniger Kapital als erwartet zusammenkam, musste das Vorhaben zunächst eingestellt werden. Erst 1889 begann man in Gestalt der neu gegründeten Speyerer Baumwoll-Spinnerei AG die alten Pläne wieder aufzugreifen. Im Gründungsjahr betrug das Aktienkapital rund eine Million Mark und es wurde im gleichen Jahr mit dem Bau einer Fabrik auf dem Gelände begonnen.

Ende des 19. Jahrhunderts war die Baumwollspinnerei mit 223 Arbeitskräften bereits das zweitgrößte Unternehmen in Speyer. Die Belegschaft bestand die meiste Zeit zu über zwei Dritteln aus Frauen, weswegen bereits vor 1914 ein werkseigener Kindergarten eingerichtet wurde, der den Kindern von Betriebsangehörigen offenstand. [Anm. 1] Während des Ersten Weltkrieges wurde die Produktion zwar heruntergefahren, jedoch nicht komplett eingestellt. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Zwischenkriegszeit, bedingt durch die Währungsreform des Jahres 1923, die französische Besatzung bis 1930 sowie die Weltwirtschaftskrise, kam das Unternehmen in eine ernste wirtschaftliche Krise. So sahen sich die Eigentümer gezwungen, die Spinnerei im Jahr 1931 an die Vereinigten Textilwerke Wagner & Moras AG in Zittau zu verpachten, welche auch die Aktienmehrheit übernommen hatte. Jedoch gerieten Wagner & Moras kurz darauf selbst in Schwierigkeiten, weshalb das Speyerer Werk im April 1932 geschlossen wurde und 431 Beschäftigte ihre Arbeitsstelle verloren.

[Bild: Stadtarchiv Speyer / Stadtbauamt, 233-1 Reg. Nr. 003593]

Im Zuge der nationalsozialistischen Textilpolitik wurde die Produktion im Jahr 1934 wiederaufgenommen und ausgebaut. Ab 1943 beteiligten sich die Süddeutsche Zellwoll-AG sowie die Bayerische Staatsbank am Unternehmen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges brach aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs nochmals eine Blütezeit für das Unternehmen an. Im Jahr 1954 wurden 2,34 Millionen Kilogramm Baumwoll- und Zellwollgarne hergestellt. Jedoch begann in den 1960er Jahren der Niedergang der Baumwollspinnerei. Mit der Krise der Textilindustrie in der Pfalz und besonders in Otterberg verlor der Betrieb seine Hauptabnehmer. So musste die Baumwollspinnerei am 5. Oktober 1967 ihre Produktion endgültig einstellen. [Anm. 2]

Heute wird das unter Denkmalschutz stehende Gelände von Schulz Speyer Bibliothekstechnik sowie vom Historischen Museum der Pfalz als Lagerhalle genutzt.

Anmerkungen:

  1. Joeckle, Rosemarie: Die ehemaligen Arbeiterinnen der Baumwollspinnerei Speyer, in: Stadt Speyer (Hg.): Frauen in Speyer. Leben und Wirken in zwei Jahrtausenden. Speyer 1990, S. 205-208.  Zurück
  2. Fenske, Hans: Speyer im 19. Jahrhundert (1814-1918), in: Stadt Speyer (Hg.): Geschichte der Stadt Speyer, Bd. 2, Speyer 1982, S. 115-290; Ohler, Norbert: Speyer in der Nachkriegszeit, in: Stadt Speyer (Hg.): Geschichte der Stadt Speyer, Bd. 3, Speyer 1989, S. 1-165; Ritter, Barbara: Ehemalige Baumwollspinnerei – heute Schulz Speyer und Museumsdepot. Verfügbar unter: www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/ehemalige-baumwollspinnerei-%E2%80%93-heute-schulz-speyer-und-museumsdepot, Abruf 3.7.2019.  Zurück